Sales ist ein häufig unterschätztes Thema in den Bereichen Business Model Innovation und Company Building. Oftmals schlägt das Thema Sales bzw. Vertriebsstrategie erstmals in der Vorbereitungsphase des Go-Lives eines Produktes oder einer Dienstleistung auf. Warum das häufig zu spät ist und wie der V_labs Sales Strategy Canvas unterstützt, Sales frühzeitig strategisch mitzudenken, lest ihr hier.
Viele Projekte starten mit einem Suchfeld oder einem Problem. Zu Beginn wird durch eine intensive Research-Phase mithilfe von Markt- und Konkurrenzanalysen, Interviews, Trendrecherchen, Inkognito-Missionen usw. ein tiefgehendes Problemverständnis geschaffen. Der Weg vom Problemverständnis zur ersten Idee wird oftmals sehr schnell eingeschlagen und von der Idee weg wird sofort ein Produkt mit Features entwickelt. Während bei den Innovationsprojekten die Produkte in der Regel featureseitig im Detail konzipiert werden, wird auf den Vertriebs- und Salesansatz in dieser frühen Phase häufig vergessen. Das Problem ist dabei vor allem, dass in dieser frühen Phase meist nicht einmal auffällt, dass diese Komponente nicht ausreichend mitgedacht wurde, da sich das Thema Sales auf strategischer Ebene maximal im Business Case niederschlägt und operativ erst im Test des MVPs aufkommt.
Fakt ist jedoch, dass mit einer Produktidee und der damit verbundenen Vision bereits Entscheidungen und Annahmen getroffen bzw. Faktoren definiert werden, die den späteren Vertrieb maßgeblich beeinflussen und dementsprechend Erfolgsfaktor oder umgekehrt auch Erfolgsbremsen sein können.
Diese Einflussfaktoren rund um das Produkt bzw. die Vision beschäftigen sich vor allem mit Fragen wie:
Um den Fehler zu vermeiden, den Einfluss der oben genannten Faktoren auf die Sales-Strategie (und vice versa) nicht, nicht ausreichend oder zu spät mitzudenken, hilft es, die (vorläufige) Produktidee als Checkpoint für den Start der Überlegungen zu einer High-Level Sales-Strategie festzulegen.
Um diese frühen Überlegungen zur Sales Strategie strukturiert anzustellen und vor allem das Zusammenspiel mit Zielgruppe, Zielgruppenzugang, rechtlicher Form, Außenauftritt und Geschäftsmodell strategisch zu diskutieren, haben wir den V_labs Sales Strategy Canvas entwickelt.
Beim Sales Strategy Canvas wird zu Beginn erneut als „Recap“ die Vision sowie die detaillierte Produktidee festgehalten. Produkt und Vision müssen jedoch bereits vor dem Ausfüllen des Sales Strategy Canvases klar definiert sein. Der Canvas fokussiert sich auf die strategischen Sales-Haupteinflussfelder (1) Zielgruppe, (2) Unfair Advantage, (3) Venture Setting und (4) Revenue Model.
Kunden- und Nutzerzentriertheit ist der Kern eines jeden funktionierenden Geschäftsmodells. Es reicht jedoch nicht, in dieser frühen Phase Personas zu definieren und damit die Frage nach der Zielgruppe abzuschließen.
In einem ersten Schritt muss erhoben werden, welche Zielgruppen mit der Innovation, dem Produkt bzw. Service adressiert werden. Gibt es unter Umständen verschiedene Zielgruppen, die gewisse Abhängigkeiten haben? Zum Beispiel: Plattform mit einem Two-Sided Market: ohne Anbieter keine Nachfrage und vice versa. Damit eng in Verbindung steht die Frage, wie sich der USP pro einzelner Zielgruppe unterscheidet. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Frage, wer die Kaufentscheidung trifft. Sind die User bzw. Kunden auch die Entscheider oder diese unterschiedliche Personen. Besonders im B2B-Bereich unterschieden sich diese zwei Positionen – das impliziert insbesondere für Sales oftmals, dass zwei Personen(gruppen) unterschiedlich adressiert und überzeugt werden müssen, diese Zielgruppen unterschiedliche PainPoints haben und ggf. auf Entscheidungszyklen länger sind, als im B2C Bereich, wo normalerweise die User auch jene sind, die die Kaufentscheidung treffen.
Eine Frage, die in dieser frühen Phase häufig unterschätzt oder vergessen wird, ist die, wie die Zielgruppen erreicht werden können. Eine Übersicht der verfügbaren Kanäle - d.h. soziale Kanäle, private und berufliche Netzwerke, bestehende Geschäftsverhältnisse des Konzerns zu Zielunternehmen, unternehmensinterne CRMs, Kontakte über den bestehenden Vertrieb im Stammhaus - hilft dabei, die Sales-Möglichkeiten, spätere Markttests, wie auch Revenue-Potenziale und -Modelle zu identifizieren. Es geht dabei nicht darum, hundert Prozent richtig die Zielgruppe zu definieren und festzulegen, welcher Kanal am besten funktioniert, jedoch ist es wichtig einerseits Annahmen und Hypothesen aufzustellen und andererseits ein Grundverständnis zu schaffen, wer die Zielgruppen und Märkte sind und wie sie erreicht werden können.
Der Zielgruppenzugang bzw. die Zielgruppenerreichung ist eng mit dem Unfair Advantage verknüpft. Ein Großteil der Corporate Company Building Projekte resultiert aus einer Kombination aus einem bestehenden (Kunden)-Problem und dem einzigartigen Zielgruppenzugang durch das Corporate.
Rund um den Unfair Advantage macht es sich bezahlt, genau hinzusehen und so konkret wie möglich abzustecken, wie ein Zielgruppenzugang genutzt werden kann (Zugang durch wen oder was: Abteilung, Personen, Vertriebsnetzwerk, IT-Systeme, bestehende Kunden etc.). Durch ein genaues, strukturiertes Evaluieren des Zielgruppen-Zugangs kann vermieden werden, dass sich ein vermeintlicher Unfair Advantage hinsichtlich Zielgruppenerreichung zu einem potenziellen Unfair Disadvantage umkehrt und sich das (Sales)-Potential der gesamten Idee nicht validieren bzw. umsetzen lässt.
Unsere Key Message: Je früher Klarheit zu diesem Zielgruppenzugang (und vor allem wie er konkret genutzt werden kann) besteht, desto besser kann der Unfair Advantage in eine Sales Strategie einfließen, das richtige Venture Setting gewählt werden und bereits frühzeitig der Grundstein für Sales Erfolge gelegt werden.
Nicht zu unterschätzen ist der positive Einfluss und Synergien zum Stammhaus sowie auch diverse Hürden, die sich durch eine Corporate Nähe ergeben können. In einem ersten Schritt gilt es, die möglichen Venture Settings (in Abhängigkeit vom Stammhaus, den beteiligten Partnern etc.) auszuloten.
Die Entscheidung für ein vorteilhaftes Venture Setting wird einerseits durch die Frage geleitet, welche Vorteile bzw. Nachteile sich durch ein corporatenahes bzw. -entferntes Venture Setting ergeben.
Andererseits wird das Venture Setting auch durch die Zielgruppe und die potenziellen Kunden bestimmt. Sind zukünftige Kunden unter Umständen Konkurrenten? Zielt das Venture nur auf bestehende Kunden ab? Wie nahe ist die Produkt-/Serviceidee am Kerngeschäft? Abhängig von den Antworten auf diese Frage, wird nicht nur die rechtliche Form des (Corporate) Start-ups, sondern auch der Außenauftritt festgelegt. Während die rechtliche Form in vielen Fällen tendenziell Einfluss auf Arbeits- und Entscheidungswege des Start-ups hat, hat der Außenauftritt inklusive Marke, Branding, Kommunikation etc. in jedem Fall Einfluss auf die gesamten Sales- und Marketing-Aktivitäten.
Das Revenue Model muss zum einen zur Zielgruppe und Branche passen und zum anderen dem Business Case und den entsprechenden Umsätzen dienen.
Vor allem (Corporate) Start-ups stehen zu Beginn oft vor der Herausforderung schnell erste Kunden zu akquirieren, zu wachsen und die Lösung in den Markt bzw. in die Breite zu bringen. Ist das Revenue Model zu hochpreisig, zu konservativ bzw. hochschwellig angelegt, so wird es spätestens in der MVP to Market Phase schwierig, erste Kunden und Nutzer zu gewinnen.
Daher ist es vorteilhaft, vor allem unter der Wachstumsprämisse, gängige Revenue Modelle aus der eigenen Branche anzusehen, aber gleichzeitig Best Practices aus komplett anderen Märkten zu analysieren. Ergebnis soll sein, ein oder mehrere Revenue Modelle für das eigene (Corporate) Start-up zu finden, die für den Markteintritt und die erste Wachstumsphase unterstützen. Schnell wird man hier auf Modelle wie Freemium, Pilotstellungen oder Demo-Accounts stoßen, die in vielen Fälle eine erfolgsversprechende Sales Strategie darstellen. Wichtig ist natürlich auch hier, dass das Revenue Model mit der Zielgruppe, dem Zielgruppenzugang und dem eigenen Unfair Advantage zusammenpasst.
Nach der strategischen Betrachtung der vier Sales-Haupteinflussfelder werden abschließend die Learnings und Take-Aways aus Sales Sicht noch einmal heruntergebrochen und notiert. Diese Learnings sollen in darauffolgenden Phasen Einfluss erhalten bzw. kontinuierlich evaluiert und überprüft werden.
_ Denke deine Sales-Strategie frühzeitig mit, da bereits mit einer definierten Produktidee und Vision Zusammenhänge mit und Einflussfaktoren auf den späteren Vertriebsansatz entstehen.
_ Wer das Zusammenspiel zwischen späterem Vertrieb und Zielgruppe, Unfair Advantage, Venture Setting und Revenue Model vorab mitdenkt, schafft Erfolgsfaktoren für den späteren Roll-Out.
_ Nicht nur Erfolgsfaktoren werden geschaffen, auch potenzielle später nötige Strategieanpassungen können vermieden bzw. minimiert werden.
_ Lege eine vorläufige Produktidee und klare Vision als Checkpoint und Anstoß für erste Überlegungen zur Sales Strategie fest.
_ Diese frühen High-Level Überlegungen helfen dabei, die Weichen für spätere Sales-Erfolgsfaktoren zu legen und fließen von dort an, in jede weitere Projektphase ein.
Hilfsmittel sind natürlich erlaubt: Nutze für eine strukturierte Herangehensweise den V_labs Strategy Canvas.